Emilia Romagna, die Speisekammer Italiens

Ein Reisebericht von Simon Felix

Bereits als Kind schwärmte ich für die aus der Emilia Romagna stammenden Sportwagen Ferrari und Lamborghini. Heute schwärme ich nicht nur von den Autos, sondern von der ganzen Region. Die hat es mir seit meinem ersten Besuch vor ein paar Jahren angetan.

 

Bologna gehört zu meinen Lieblingsstädten. Ich liebe es, durch das kleine Viertel Quadrilatero im Herzen der Stadt zu schlendern und mich dort kulinarisch verwöhnen zu lassen. In Bologna wurde die Lasagne pasticciate oder die Lasagne alla casalinga, bei uns als Lasagne al forno bekannt, erfunden. Spannend ist auch das hüglige Hinterland. Aus der Emilia Romagna stammen noch weitere, weltbekannte Spezialitäten, die von hoher Qualität sind, wie der Balsamico, der Parma-Schinken, der Parmesan oder die Pasta. Die Region steht also für puren Genuss.

Mein diesjähriger Besuch in der Emilia Romagna beinhaltet eine kurze Informationsreise sowie ein Treffen mit lokalen Reiseanbietern, mit denen ich zusammenarbeite. Aufgrund des Reiseprogramms reise ich zum ersten Mal mit dem Flugzeug nach Bologna. Wie sich herausstellt, kein leichtes Unterfangen. Zwei Tage vor Abreise erfahre ich, dass mein Flug wegen eines Generalstreiks annulliert ist. Ja, das gehört leider auch zu Italien. Als Swiss meinen Flug über Helsinki umbucht, interveniere ich. Die Reisezeit ist mir zu lange und so erhalte ich ein Ticket mit einer schnelleren Verbindung über Wien. So fliege ich erst am Nachmittag und kann am Morgen noch im Büro arbeiten.

 

Am Flughafen Bologna werde ich bereits von der lokalen Agentur erwartet. Zusammen mit einem finnischen Branchenkollegen, der Helsinki-Flug lässt grüssen, werden wir im gediegenen S-Klasse Mercedes in das Hotel chauffiert. Nach dem Zimmerbezug erfolgt der erste Workshop und anschliessend ein gemeinsames Abendessen mit den anderen Touristikern aus aller Welt.

Nach dem Frühstück und dem Check-out starten die Informationsreisen. Ich habe das Programm «Erstklassige Aromen der Emilia: Die Hänge des Apennins» gewählt. Wir sind eine internationale Gruppe. Begleitet wird unsere Reise von Sara, einer Reiseleiterin aus Parma, die ich zufälligerweise bereits seit ein paar Jahren kenne und die ausgezeichnet deutsch spricht. Die Reise führt von Bologna zum Weingut Medici Ermete in Gaida di Reggio Emilia. Empfangen werden wir von Alessandra. Sie vertritt die vierte Generation des Familienbetriebes der Medici’s. Eine herzliche, quirlige Person, die uns zur Begrüssung ein Glas Lambrusco serviert. Der Fokus bei liegt bei unserem Besuch allerdings nicht bei den Weinen, die hier produziert werden. Alessandra’s Passion ist die Herstellung von traditionellem Balsamico-Essig PDO Tenuta. Wir besichtigen zuerst den Lagerraum, wo der Balsamico über die Jahre reift. Danach verkosten wir die drei verschiedenen Qualitätssorten und Alessandra erklärt uns, dass im Unterschied zum Balsamico di Modena, der Aceto Balsamico Tradizionale Reggio Emilia nicht industriell hergestellt werden darf. Die Herstellung von Aceto Balsamico Tradizionale Reggio Emilia, übrigens ein exquisites Produkt, das in der gehobenen Küche sehr geschätzt wird, ist äusserst aufwändig und erfordert jahrelange Geduld. Er wird ausschliesslich aus eingedicktem Traubensaft hergestellt, ohne Zugabe von Essig oder anderen Zusatzstoffen. Der Saft wird in den verschiedenen Holzfässern gelagert und reift über viele Jahre oder Jahrzehnte hinweg. Seinen unverwechselbaren Geschmack erhält er während der Reifung, bei der der Essig verdunstet und konzentrierter wird. Die Dauer der Reifung bestimmt auch die Qualität, die in den besagten drei Sorten aufgeteilt ist. Diese erkennt man an der Farbe des Etiketts. Rot steht für über 12 Jahre, Silber für über 18 Jahre und Gold für über 25 Jahre Reifedauer. Das erklärt auch, warum eine Flasche Aceto Balsamico Tradizionale Gold rund 100 Franken kostet. Ich nutze die Gelegenheit und kaufe mir eine Flasche des Goldenen. Nach der Verkostung des köstlichen Balsamicos erwartet uns das Mittagessen: Eine feine Lasagne Bolognese. Selbstverständlich mit einem Glas Lambrusco dazu.

Unsere Tour führt uns weiter in die Provinz Parma, zum mittelalterlichen Dorf Torrechiara. Auf der Burg Torrechiara machen wir einen Fotostopp, geniessen einen Kaffee und schlendern durch die schönen Gassen. Dabei werden wir von Giovanni, der auf der Burg Wein produziert, angesprochen. Er lädt uns in seinen Weinkeller ein und offeriert uns seinen speziellen Wein. Mit welchen Trauben dieser gekeltert wurde, verrät er uns nicht. Aber er schmeckt vorzüglich.

 

Nun tauchen wir in das hügelige Hinterland von Parma ein. Unser Bus fährt durch den Ort Langhirano und wir sehen die unzähligen Salumificio-Betriebe, welche den weltberühmten Parma-Schinken produzieren. Rund 140 sind es in der Anzahl. Wir schlängeln weiter durch enge, kurvige Strassen, den Hügel hinauf zu der Salumificio Conti, wo uns eine Besichtigung der Produktionsräume erwartet. Das kleine Familienunternehmen produziert rund 50'000 Portionen Prosciutto di Parma DOP pro Jahr. Unsere Führung übernimmt unsere Reiseleiterin Sara gleich selbst. Sie kennt sich bestens aus führt uns durch die Stockwerke, wo der Schinken die verschiedenen Lagerungsprozesse durchläuft, wo er geschnitten und wo er verpackt wird. Am Schluss der Führung degustieren wir drei verschiedenen Sorten dieses köstlichen Schinkens.

Wir setzten unsere Fahrt durch die Hügel fort und landen schlussendlich im Agriturismo Alba del Borgo in der Nähe von Fidenza, wo wir übernachten. Alba del Borgo ist ein zertifizierter Biobetrieb, der eine Fläche von über 70 Hektaren bewirtschaftet. Besitzer Andrea hat den Betrieb vor 10 Jahren gegründet und mit sehr viel Arbeit und Leidenschaft stets ausgebaut. Seine Vision, so erzählt er uns, sei es, Selbstversorger zu sein. Der Betrieb umfasst unter anderem Weinberge, einen Obstgarten, Gemüseanbau, Bienenvölker und eine Rinderzucht. Dabei packt die ganze Familie an und wir kommen in den Genuss eines leckeren Kuchens, der seine Mutter gebacken hat. Auch wir müssen Hand anlegen. Für unsere Abendessen stellen wir, unter Anleitung von Kochlehrerin Francisca, die Ravioli und die Nudeln selbst her. Anschliessend geniessen wir die frische Pasta zusammen mit einem 4-Gänge-Menü.

Nur eine halbe Stunde von der Alba del Borgo entfernt, befindet sich das mittelalterliche Dorf Vigoleno mit seinem malerischen Schloss. Nach dem Frühstück empfängt uns Valentina, unsere lokale Reiseleiterin. Sie führt uns durch das Dorf und zeigt uns das Schloss. Höhepunkt ist der Aufstieg über die schmalen, steilen Treppen auf den Turm des Schlosses. Die Anstrengungen lohnen sich. Wir werden mit einem traumhaften Ausblick auf die hügelige Landschaft der Region Piacenza belohnt. www.visitvigoleno.i

Valentina führt uns weiter zu der Cantina Visconti, die von der Familie ihres Freundes geführt wird. Wir erhalten Einblick in die Lagerhallen des Weingutes. Auffallend sind die Tanks auf Fiberglas sowie die grossen Korbflaschen, in denen der Wein auch verkauft wird. Valentina erzählt uns, dass viele lokale Kunden den Wein so kaufen. Gegen Ende der Führung zeigt sie uns noch in einen speziellen Raum. Jeweils bis Weihnachten werden dort, sorgfältig auf Gestellen ausgebreitet, erlesene Trauben der Sorte Santa Maria und Melara getrocknet. Daraus entsteht der Vin Santo di Vigoleno, der heilige Wein von Vigoleno. Von diesem bernsteinfarbenen, likörartigen Wein mit seinem intensiven Geschmack und betörenden Duft, werden jedes Jahr nur rund 500 Flaschen hergestellt. Alles erfolgt in Handarbeit. Nach der theoretischen Wissensvermittlung erfolgt nun eine Weindegustation, zu der lokaler Schinken und Käse serviert wird. Am Ende dürfen wir auch noch den Vino Santo verkosten.

Eine rund zwanzigminütige Fahrt führt uns weiter in ist das malerische, mittelalterliche Dorf Castell'Arquato. Es liegt auf einem Hügel und ist von Weinbergen und sanften Hügeln umgeben. Wir spazieren durch das Dorf, ein Labyrinth aus engen Gassen und Kopfsteinpflasterstraßen, gesäumt von historischen Gebäuden, malerischen Plätzen und Geschäften, die lokale Produkte anbieten. Auf der Piazza um den Palazzo del Podestà verweilen wir und geniessen ein Glas Wein gepaart mit ein paar lokalen Köstlichkeiten.

Wir reisen weiter nach Piacenza, wo wir unsere Hotelzimmer beziehen. Für das Abendessen werden wir in der Borgo di Rivalta, die sich unweit von Piacenza befindet, erwartet. Das wundervolle Anwesen, das eine Burg, eine Siedlung, eine Kirche und einen Park umfasst, gehört der Familie Zanardi Landi. Der Conte Orazio Zanardi Landi, der die Burg mit seiner Familie bewohnt, empfängt uns höchstpersönlich und hält eine kurze Ansprache. Darauf folgt eine Führung durch Räumlichkeiten, bei der wir auch noch etwas über die Burggeister erfahren. Bei einem gediegenen Abendessen in der Antica Locanda del Falco, eines der Restaurants des Anwesens, beenden wir den Abend.

 

Begleitet von ein paar Sonnenstrahlen spazieren wir am nächsten Morgen in die Kirche. Oder besser gesagt, in die ehemalige Kirche del Carmine, welche zu einen Veranstaltungszentrum umgebaut wurde. Hier treffen wir die lokalen Reiseanbieter und lassen uns von ihnen die touristischen Angebote präsentieren. Gegen Abend unternehmen wir eine Stadtführung durch Piacenza und entdecken die Sehenswürdigkeiten erfolgt noch eine Stadtführung durch das geschichtsträchtige Piacenza. Zum Abschluss der Reise werden wir von Spitzenköchen beim Galadinner im Palazzo Gotico verwöhnt.